Interview mit Dr. Schmincke zur Polyneuropathie Behandlung
Die Behandlung der Polyneuropathie nimmt in der Klinik am Steigerwald einen hohen Stellenwert ein. Mehr als jeder Dritte Patient in unserer Klinik hat die Hauptdiagnose Polyneuropathie. Dies unterstreicht zugleich die Erfolge der Klinik. Von der Behandlung der Polyneuropathie profitierten etwa 90 Prozent der Patienten. Bei jedem zweiten verbesserten sich die Symptome nachhaltig, bei den anderen schritt die Krankheit zumindest nicht weiter fort. Ein Erfolg, wenn man beachtet, dass die meisten Patienten unserer Klinik einen schweren Krankheitsverlauf haben.
Unser Chefarzt, Dr. Christian Schmincke, hat im Laufe seiner Tätigkeit viele hundert Behandlungen bei Polyneuropathie-Patienten durchgeführt und sich einen immensen Erfahrungsschatz angeeignet. Diesen hat er als Autor des erfolgreichen Ratgebers „Polyneuropathie und Restless legs“ allen zugänglich gemacht und sich auch die Anerkennung von vielen Schulmedizinern verdient. Im Interview beantwortet er die wichtigsten Fragen zur Behandlung der Polyneuropathie.
Was versteht man unter Polyneuropathie (PNP)?
Die medizinische Wissenschaft beschreibt die Polyneuropathie als einen allmählichen Abbau der peripheren Nerven von den Enden her. Häufig sind Entzündungsprozesse beteiligt. Unter Diabetikern ist die Krankheit besonders verbreitet. Belastungen durch giftige Stoffe scheinen eine wichtige Rolle zu spielen, lassen sich aber im Einzelfall als Ursache für die Erkrankung nur schwer nachweisen.
Welches sind typische Symptome?
Schmerzen, Missempfindungen, unruhige Beine in der Nacht, so genannte Restless-legs-Syndrom und die Unfähigkeit, normal laufen oder stehen zu können, gehören zu den Symptomen. Das Leiden beginnt im typischen Fall allmählich und wird von Jahr zu Jahr schlimmer. In der Regel bei den Füßen beginnend, entwickeln sich Taubheitsgefühle, quälende Missempfindungen, Schmerzen und Gefühlsverlust. Später wird auch das Gehen unsicher, zunächst auf unebenen Wegen, später auch überall. Mit dem Bodengefühl geht auch das Empfinden für die eigene Schwere und die Sicherheit in der Koordination der Bewegungen verloren. Im fortgeschrittenen Stadium werden Gehhilfen unvermeidlich: erst der Stock, dann der Rollator, schließlich der Rollstuhl.
Worin liegen Ihrer Auffassung die Ursachen der Erkrankung?
Etwa die Hälfte aller PNP-Erkrankungen entstehen ohne erkennbare Ursache. Die andere Hälfte kann auf Diabetes, Nervenschädigungen durch Alkohol, starke Schmerzmittel und Medikamente zurückzuführen. Auch nach Chemotherapien treten Polyneuropathien vermehrt auf. Aus Sicht der chinesischen Medizin ist „Tan“ eine zentrale Ursache der Polyneuropathie. Tan ist Schleim ähnlich, der sich mit zunehmendem Alter ansammelt und in untere Körperregionen absinkt, dort Entzündungen verursacht und den Stoffwechsel blockiert. Bei der Polyneuropathie als Folge von Diabetes beobachten Forscher, dass sich Stoffwechselprodukte – Ketone genannt – im Gewebe ansammeln und dort Enzyme blockieren, die für den Stoffwechsel wichtige Schlüsselfunktionen erfüllen.
Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
Die Diagnostik der Chinesischen Medizin gestaltet sich vollkommen anders, als in der Schulmedizin. So nehmen sich Experten viel Zeit für die Krankengeschichte des Patienten. Mithilfe der chinesischen Diagnostik erkennen sie Krankheitsursachen, welche die Schulmedizin nicht in Betracht zieht. Die Puls- und Zungendiagnose hilft dabei, feinste Körpersignale zu empfangen. Allein bei der Pulsdiagnostik unterscheidet der Experte rund 30 Pulsqualitäten. Zudem erkennt er an der Zunge, ob und wie sich der Körper von „inneren Abfallstoffen“ befreit.
Welche Methoden der TCM werden zur Behandlung der Polyneuropathie angewandt?
Das Prinzip der Traditionellen chinesischen Medizin holt die Ursachen der Erkrankung aus der Tiefe an die Oberfläche und behandelt sie. Im Anschluss werden qualitativ kontrollierte Substanzen für die chinesische Arznei zusammengestellt und für jeden Patienten individuell und täglich neu angepasst. Neben der chinesischen Arzneitherapie gehören im Einzelfall auch Akupunktur, Moxibustion, Tuina-Massagen oder Qi Gong zu der Behandlung der Polyneuropathie.
Was bewirkt die Behandlung der Polyneuropathie im Organismus?
Mithilfe der chinesischen Arzneirezepturen gelingt es, entzündliche Substanzen aufzulösen, in die Zirkulation zu überführen und über geeignete Schleimhautventile auszuscheiden. So lassen sich in der Phase der Besserung einzelner Symptome der Polyneuropathie auffällige Veränderungen der Ausscheidungen und andere vegetative Zeichen beobachten, die auf stoffliche Entlastungsvorgänge hinweisen. Die chinesische Medizin spricht von "Mobilisierung, Umwandlung und Ausscheidung von Tan".
Wie schnell stellt sich eine Linderung der Beschwerden nach der Behandlung der Polyneuropathie ein?
Die Klinik am Steigerwald zählt seit 1998 etwa 2.500 Polyneuropathie-Behandlungen. Es konnte deutlich über 50 Prozent der Patienten mittel- und langfristig geholfen werden. Bei rund 25 Prozent fand schon bis zum Entlassungstag eine deutliche Besserung statt: Schmerzen hatten nachgelassen, Fußsohlen konnten den Untergrund wieder mit Lust erfassen, Patienten konnten eine Wiese wieder genießen, die ihnen zuvor nur Schmerzen bereitet hatte. Auch das Gehen und Stehen fiel leichter. Bei den anderen Patienten stellten sich die guten Resultate der Polyneuropathie-Behandlung erst nach Wochen oder Monaten unter der ambulanten Weiterbehandlung mit chinesischen Arzneimitteln ein.
Über welchen Zeitraum erstreckt sich die Behandlung der Polyneuropathie in der Regel?
Patienten beginnen mit einem in der Regel dreiwöchigen Aufenthalt in der Klinik, wo die Grundlagen für eine spätere ambulante Weiterbehandlung gelegt werden.
Was können Patienten im Alltag tun, um den Erfolg zu festigen?
Das Behandlungskonzept basierend auf Chinesischer Medizin ist ein ganzheitliches Konzept, das auch die Psyche des Patienten einschließt. Wer sich im Alltag weniger Stress aussetzt und Empfehlungen der Klinik zur gesunden Ernährung folgt, kann so entscheidend zum Erfolg der Polyneuropathie-Behandlung beitragen.
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